Besuch in Berlin – Die Mauer

In Berlin ist es vor allem eines, nämlich kalt. Ich sage das ganz unvoreingenommen als jemand, der mal von Anfang Januar bis Ende März dort gearbeitet hat. Da war es so kalt wie seit 60 Jahren nicht mehr und die Spree war zugefroren und Leute sind darauf herumgelaufen, bis die Polizei sie weggescheucht hat. (Besser vorher weggescheucht als nachher die Wasserleiche suchen.) Jetzt war ich noch mal da und es war Anfang April und wieder eiskalt, 2 Grad Celsius mit horizontalem Schneeregen. Die meisten Leute kommen also nach Berlin, um zu frieren. Zur Kältetherapie sozusagen.

Aber Spaß beiseite, Berlin hat natürlich einiges zu bieten neben Hipsterflair und Brandenburger Tor. Es gab da nämlich mal so eine Mauer, und Mauern sind ja wieder total in. Sogar die United States of America wollen jetzt eine, wobei die Mauer in Berlin gebaut worden ist, damit die Leute drinbleiben (in Ostdeutschland) und nicht wie in den USA, damit die Leute draußen bleiben (die schlimmen Arbeitsplätzeklauer, Drogenverkäufer und Andersgläubigen).

Grenzstreifen
Zwei Mauern und ein Grenzstreifen.

Die Mauer in Berlin muss man sich so vorstellen wie im Bild links. (Bitte mal draufklicken, dann wird das auch schön groß.) Man hat also die Mauer hingestellt und einen Grenzstreifen gebaut, komplett ohne Rücksicht auf Verluste. Bei der Gartenstraße war offenbar vorher auch ein Friedhof, der musste dann auch weg, die Toten können schließlich auch woanders liegen. Und anfangs gab’s auch noch jede Menge Stacheldraht in der Mitte, aber das fand die SED-Führung zu “martialisch” und wie sieht das denn aus? Dann haben sie ihn weggemacht.

Die Berliner U-Bahn ist dann natürlich auch nicht mehr durch alle Stationen gefahren, aber es gab etliche Vorfälle, bei denen Leute durch U-Bahn-Tunnel geflohen sind, bevor diese zugemauert wurden oder mit Trittalarmen ausgestattet wurden. Einmal haben sie in Ostberlin Gleisarbeiten durchgeführt, da wurden die 23 Arbeiter von vier Grenzsoldaten bewacht, damit sie nicht abhauen. Ein Arbeiter ist dann aber trotzdem mit einem Satz, hüpf!, über die Grenzlinie gesprungen und war auf einmal im Westen. So schnell kann das gehen. Da konnten die Grenzsoldaten nicht mal mehr schießen, denn auf der anderen Seite standen zwei westliche Bereitschaftspolizisten und haben den Flüchtling mitgenommen und ihm wahrscheinlich eine warme Currywurst gegeben.

Die Grenzsoldaten waren übrigens nicht alle so besonders überzeugt vom Osten. In Berlin im Nordbahnhof, der zu Mauerzeiten auch ein Geisterbahnhof war, kann man nachlesen, wie man mit dem U-Bahn-Problem damals umgegangen ist. Da steht auch die Geschichte eines Grenzsoldaten, der während der Arbeit heimlich in den Westen rübergelaufen ist. Daraufhin meinte dann ein anderer Grenzsoldat, “Ich geh ihn mal suchen” und verschwand ebenfalls in den Westen. Woraufhin dann ein dritter meinte, “Tss, das kann doch gar nicht sein, ich schau mal, wo die bleiben”, und auch der setzte sich in den Westen ab. Irgendwann hat man die Grenzsoldaten dann während ihrer Schicht in ihrem Häuschen eingesperrt, um das Fluchtrisiko zu minimieren. Das ist so, wie wenn man einen Büroarbeiter an den Schreibtisch kettet – ein klares Indiz dafür, dass man vielleicht doch kein so toller Arbeitgeber ist, wie man vielleicht denkt.

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